100 Jahre Fußball Gerbrunn – ein Rückblick

Juli 2023

1923, lange ist es her, seit sich einige Bürger Gerbrunns aufmachten, einen eigenen Fußballverein zu gründen: den FC Gerbrunn.

1923, ein bewegtes Jahr in der deutschen Geschichte: der Streit um Reparationszahlungen im Ruhrgebiet, die immer größer werdende Inflation (ein Brot kostete in Berlin ca. 10 Millionen Mark), der Hitlerputsch im Münchner Bürgerbräukeller – und der HSV wurde Deutscher Fußballmeister.

Welche Ereignisse davon damals ausschlaggebend waren, einen Gerbrunner Fußballverein zu gründen, kann heute niemand mehr sagen. Doch wir können immer noch dankbar darauf zurückblicken auf die jungen Männer (und Frauen?), die den geregelten Fußballbetrieb aufgenommen haben. Zeitweise gab es dann sogar drei eigenständige Fußballvereine im noch kleinen Gerbrunn – schließlich alle fusioniert unter dem Dach des TSV 1877 Gerbrunn e.V.

Unter dem Dach des breitensportorientierten Vielspartenvereins spielte man in den kommenden Jahrzehnten stets auf Kreisebene Fußball. Junge Gerbrunner Männer, verstärkt durch Studenten aus dem nahegelegenen Hubland, konnten der schönsten Nebensache der Welt nachgehen. Eine gute Jugendarbeit wurde auch geleistet, viele Freundschaften sind hier entstanden, die häufig auch heute noch bestehen.

In den 1990er Jahren entschloss sich die damalige Abteilungsleitung und Vorstandschaft sich mit Unterstützung eines ortsansässigen Unternehmers in höhere Gefilde aufzumachen. Die echten „Gerbrunner Jungs“ wurden so am Mühlweg immer weniger und es folgte ein nicht enden wollender Durchmarsch durch die regionalen Fußballligen. Man war die Nummer eins in Stadt und Land Würzburg und ließ Vereine wie den FV 04 und die Kickers Würzburg hinter sich. Am Ende jedoch bleib kein einziger Gerbrunner mehr in unserer ersten Mannschaft übrig. Doch dazu später mehr.

Festbetrieb am Sportplatz

Zum 125. Vereinsjubiläum 2002 war unsere erste Mannschaft passenderweise gerade Meister der Landesliga geworden und stieg in die Bayernliga (damals 4. Liga in Deutschland) auf. Namhafte Gegner gaben ihr Stelldichein am Gerbrunner Mühlweg: 1860 Amateure, die Zweite Mannschaft vom Club aus Nürnberg oder die Spielvereinigung aus Bayreuth. Das Team um Trainer Martin Schneider (ehem. Mönchengladbach) und Jörg Dittwar (ehem. 1. FC Nürnberg) konnte in dieser Spielklasse allerdings nur den 18. Tabellenrang erzielen. Was dann folgte, war einzigartig in Deutschland, fand und findet heute noch jedes Jahr Einzug in überregionale Medien. Trotz mäßigen Abschneidens in der Bayernliga qualifizierte sich die Mannschaft über den Toto-Landespokal für die erste DFB-Pokal Hauptrunde. Die Mannschaft, die in der Saison 02/03 noch in der Bayernliga spielte, verließ geschlossen nach dem Abstieg den Verein. Übrig blieben vereinzelte, an zwei Händen abzuzählender Spieler der zweiten Mannschaft, die nun vor der großen Aufgabe standen, den Zweitligist Wacker Burghausen zu empfangen. Bis heute blieb man die niederklassigste Mannschaft in der ersten Hauptrunde.

Viel wichtiger aber war der Einsatz dieser jungen Männer, den Fußballsport in Gerbrunn überhaupt am Leben zu erhalten. Das Wort „Scherbenhaufen“ trifft den Zustand der Fußballabteilung im Herbst 2003 ganz gut. Viele Spieler blieben wie erwähnt nicht übrig, auch das Umfeld legte wortwörtlich „die Grillzange nieder“. Einige Studenten fanden (in der Hoffnung auf einen großen Gegner im DFB-Pokal) den Weg an den Gerbrunner Mühlweg, so dass immerhin eine Mannschaft gestellt werden konnte. Spieler waren gleichzeitig Platzwart, Torwart, Abteilungsleiter und Jugendtrainer in Personalunion. Diese Mannschaft trat unter Trainer Joannis Skliros in der Kreisklasse an – und beendete diese im Frühsommer 2004 mit einem mageren Pünktchen auf dem letzten Tabellenplatz. Der Absturz von Bayernliga in die A-Klasse wurde traurige Wirklichkeit.

Minifußball-Turnier der U7 und U9 am Samstagvormittag

Als Trainer für den Wiederaufbau konnte der Verein im Jahr zwei nach dem Neustart den langjährigen Jugendtrainer Hartmut Glaser gewinnen. Ein Glücksfall, wie sich herausstellte, denn so konnte man einige mangels Perspektive abgewanderte Jugendspieler wieder zurückgewinnen und einen echten Neuanfang mit überwiegend Einheimischen starten. Fortan spielte man in der A-Klasse um die Rückkehr in die Kreisklasse mit, schaffte dies aber erst unter Trainer Oliver Bieber, noch so ein Glücksfall, im Sommer 2008. Relegationsspiele gegen Hopferstadt 2 und Gnodstadt wurden gewonnen und die Gerbrunner Mannschaft feierte endlich wieder zusammen mit ihren Fans sportlichen Erfolg. Fortan spielte man unter den Trainern Oliver Bieber, Daniel Raulf, Matthias Tschirner, Uwe Grümpel und Klaus Loschert acht Jahre in der Würzburger Kreisklasse und schnupperte in der Saison 2010/11 sogar am Aufstieg in die Kreisliga. Die Chancen in der Relegation gegen Hopferstadt und Bütthard konnten aber leider nicht genutzt werden.

2015/16 folgte der Abstieg aus der Kreisklasse, ein Betriebsunfall, der ein Jahr später unter Trainer Sascha Spanheimer repariert werden konnte: Am letzten Spieltag entriss man zuhause dem FC Iphofen den sicher geglaubten Titel und stieg als Meister wieder in die Kreisklasse auf. Auch die zweite Mannschaft konnte den Aufstieg perfekt machen und unser TSV feierte den Doppelaufstieg.

Leider ging es 2019 unter Trainer Wolfgang Hartmann wieder zurück in die A-Klasse und erneut heuerte Trainer Oliver Bieber am Mühlweg an.  Knapp verpasste man zweimal in Folge als Drittplatzierter den Wiederaufstieg – konnte diesen aber im Jahr des Jubiläums 2023 vollziehen: Als Tabellenzweiter der A-Klasse bekam man die Chance, in der Relegation gegen den SSV Kitzingen 2 aufzusteigen. Vor toller Kulisse in Stadtschwarzach behielten unsere Jungs mit 2:0 die Oberhand. Ab der kommenden Saison sind wir also wieder in der Kreisklasse daheim. Und auch unsere zweite Mannschaft feierte in diesem Jahr einen tollen Erfolg: Nur zwei Punkte hinter dem Meister kam man als Zweitplatzierter über die Ziellinie und steigt zur neuen Saison in die A-Klasse auf.

Spiel der Legenden

Einige unsere Kicker, die seit den Zweitausendern am Mühlweg spielten, gründeten 2017 eine Alte Herren Mannschaft. So können wir jetzt endlich den Spielern der Herrenmannschaften (und interessierten Jugendeltern) auch nach der aktiven Zeit in den Herrenteams ein fußballerisches Angebot machen, um diese längerfristig an den Verein zu binden.

Unsere Jugendabteilung wurde schon immer vorbildlich geführt, im Jahr des 100-jährigen Bestehens freut es uns besonders, endlich wieder allen Altersklassen ein Angebot machen zu können. Fleißige und engagierte ehrenamtliche Trainer, Betreuer oder Abteilungsleiter gaben und geben unseren Gerbrunner Kindern eine sportliche Heimat und sorgen so für einen wichtigen, gesellschaftlichen Beitrag.

Unsere Jüngsten am Samstagvormittag

Von den Bambinis in der U7 bis zu den U15 Junioren können wir jede Jugendmannschaft eigenständig mit etlichen Spielern abdecken. In den älteren Jugendteams wird es schwieriger, selbstständig Mannschaften stellen zu können. Nach wechselnden Spielgemeinschaften mit umliegenden Vereinen erscheint die aktuelle Lösung, nämlich die Kooperation mit unseren Freunden aus Randersacker, die geeignetste. Hier kooperieren wir in den Altersklassen U17 und U19 und ernten in den Herrenteams schon jetzt erste Früchte einer durchgängigen Jugendarbeit.

Nicht unerwähnt bleiben soll der Ausflug unserer Fußballabteilung in den Mädchenfußball. Unser langjähriger Jugendtrainer Burkard Hemmerich erkannte eine Vielzahl fußballbegeisterter Grundschulmädchen in seinen Jungenteams und beschloss, erstmals in der langen Geschichte des TSV, eine eigene Mädchenmannschaft im Ligabetrieb an den Start zu bringen. Immer neue Spielerinnen fanden den Weg an den Gerbrunner Mühlweg und so konnte die Mannschaft mehrere Jahre bestehen.

Highlights der vergangenen Jahre waren neben den sportlichen Erfolgen die Teilnahme an internationalen Jugendturnieren auf Usedom, in Innsbruck oder in Spanien, zahlreiche Jugendturniere in der Halle oder auf dem Feld, das alljährlich stattfindende Fußballcamp in der letzten Ferienwoche im September und unser beliebtes Stammtischturnier um den „Florian-Rosenbaum-Pokal“, welches seit 2007 zahlreiche Besucher nach Gerbrunn zieht und Geld für einen guten Zweck sammelt.

Ein entscheidender Faktor zur Attraktivität in den vergangenen Jahren war der Umbau unseres alten Rotgrand-Platzes zu einem modernen Kunstrasen. Mit großzügiger Unterstützung der Gemeinde Gerbrunn und Fördermitteln des Freistaates Bayern konnte ein Mega-Projekt umgesetzt werden. Seit 2018 kann jetzt witterungsunabhängig und unter tollen Bedingungen trainiert und gespielt werden. Zeitgleich wurde von mehreren freiwilligen Helfern das „Außenherum“ gestaltet und so können wir heute ein tolles Sportgelände nutzen.

Ein Sportgelände, in welches aber jährlich viel Geld und Arbeit investiert werden muss. Unser Sportheim kommt langsam aber sicher in die Jahre, die alte Beleuchtung der Plätze frisst viel Strom (und damit Geld) und sollte in naher Zukunft durch moderne LEDs getauscht werden. Das große Außengelände und der Rasenplatz benötigt viel Pflege. Hier sind wir mehr denn je auf Unterstützung seitens der Gemeinde, der Gerbrunner Firmen und unserer Mitglieder angewiesen.

Stellt man sich allerdings an den Sportplatz und sieht, wie viele Kinder und Jugendliche Spaß an Sport und Spiel haben, wie sie miteinander wetteifern und wie dabei ihre Augen leuchten, dann weiß man, wofür diese Arbeit geleistet wird. Unser Sportgelände hat sich zu DEM Treffpunkt innerhalb der Gemeinde Gerbrunn entwickelt – eine Tatsache, auf die wir als Verein stolz sein können.

Und dies wurde vom 7. – 9. Juli 2023 gebührend gefeiert! Den Anfang machte ein Abend für ehemalige Trainer und Spieler. Wer mochte (und noch konnte) forderte unsere Alte Herren Mannschaft heraus. Der Eifer der Ehemaligen wurde belohnt und die AH mit 5:2 besiegt. Bis spät in die Nacht wurden anschließend Erinnerungen ausgetauscht und alte Geschichten aufgewärmt.

Die aktuelle erste Mannschaft nach ihrem Test gegen die SG Randersacker am Samstag

Der Samstag war dann der Tag für unsere Jugendspieler. Den Beginn machten die Bambini der U7 – U9, welche in einem internen Minifußballturnier ihr Können unter Beweis stellten. Unsere U13 hatte die Mannschaft der Partnergemeinde Themar zu Gast und ließ, wie es sich für einen guten Gastgeber gehört, diese auch gewinnen. Leider musste das Jedermannturnier für die anderen Altersklassen in der Mittagszeit entfallen – zu groß die Hitze unter der nun stechenden Sonne. In den Abendstunden durften noch U19, zweite und erste Mannschaft ihr fußballerisches Geschick unter Beweis stellen – ehe anschließend eine lange Partynacht mit der Band „Don’t Ask!“ anstand. Diese heizte das sowieso schon aufgewärmte Zelt noch mehr ein! Ein toller Abend im Zelt und draußen unter den lauschigen Kastanienbäumen.

Die U11 beim großen WVV-Turnier am Sonntag mit ihren Trainern Heiko Habermann, Oliver Völlmerk und Michael Kersten

Der Sonntag stand dann ganz im Zeichen des WVV-Turniers für die U11 Mannschaften. 16 Teams aus Stadt und Land Würzburg konnten sich in Vorturnieren für den Finaltag qualifizieren und spielten unter sengender Sonne den diesjährigen Pokalsieger aus. Unsere Jungs wurden nach toller Vorrunde mit voller Punktausbeute zum Ende des Turniers achter Platz – danach ging es ab ins bereitgestellte Planschbecken! Die Siegerehrung wurde von der Sportbürgermeisterin der Stadt Würzburg, Judith Jörg, geleitet. Diese hatte viele warme Wort für Spieler und Organisation übrig. Dem können wir uns nur anschließen, denn uns bleibt nur zu sagen:

Danke an alle Besucher, die mit uns gefeiert haben! Und viele, viele Umarmungen schicken wir hiermit an die zahlreichen Helfer am Festwochenende und in den Tagen davor und danach. Ohne ehrenamtliche Helfer würde es Training, Spielbetrieb und Feste nicht geben – nicht heute, und nicht vor hundert Jahren! Dank euch gibt es den Fußball in Gerbrunn doch schon eine ganze Weile.

Auf die nächsten 100 Jahre!

mt